Zum 13. Mal beim Läuferzehnkampf - Ein Erlebnisbericht
Zum 13. Mal in Folge bin ich beim Internationalen Läuferzehnkampf vom 13. bis 16. Mai 2010 an den Start gegangen. Ob die 13 gerade eine Glückszahl war, konnte am Anfang nicht so genau gesagt werden.
Der Läuferzehnkampf fand zum ersten Mal in Tschechien in Nová Paka statt. Es waren 85 Sportler aus Tschechien, Österreich, Schweiz, Frankreich und Deutschland am Start, eine bunte Mischung, die es so bisher selten gab.
Die erste Überraschung war, dass ich die Auswertung allein durchführen musste. Mir war zwar bewusst, dass ich bei der Auswertung helfen muss, aber allein? Ich habe ausreichend Erfahrung in der Auswertung von Wettkämpfen, aber es war das erste Mal, dass ich einen Wettkampf auswerten musste, an dem ich selbst teil nahm. Außerdem machte sogar den Anschein, dass ich als deutscher Sprecher eingeplant war. Das allerdings konnte ich noch abwenden. Zum Glück war Kay Schmarsow aus Potsdam wieder angereist, den ich gleich zum offiziellen Fotografen der Veranstaltung geschlagen habe.
Durch meine Arbeit bei der Auswertung hatte ich am ersten Tag kaum Zeit, mich ordentlich warm zu machen. Erst als schon der erste Startschuss über 60 m fiel (13:00 Uhr), konnte ich mit der Erwärmung beginnen. Ca. 15 Minuten blieben dafür, was bei weniger als 10 Grad definitiv nicht reicht. Die Zeit (9,06 s) war entsprechend im hinteren Teil meiner bisherigen 60-m-Zeiten zu finden, aber es war nicht die schlechteste Zeit. Immerhin hatte ich hinterher etwas Zeit, um mich auszulaufen. Dann musste ich die Zeiten in die Auswertung tippen und die Läufe über 1.500 m vorbereiten.
Auch für 1.500 m (Beginn 15:00 Uhr) hatte ich kaum Zeit mich zu erwärmen. Immerhin schien jetzt die Sonne und ich habe gewagt, mein langärmliges Shirt auszuziehen. Für die kurze Hose war es doch noch zu kalt. Kurz vor meinem Lauf stand plötzlich Christoph Mehnert von der Laufgruppe des Bautzener LV "Rot-Weiß 90" neben mir. Fans aus Bautzen, das war natürlich ein Motivationsschub. Mit 5:40,36 min habe ich meine sechstbeste Zeit hingelegt.
17:00 Uhr sollten die 400-m-Läufe beginnen. Aufgrund der Verzögerungen bei den 1.500-m-Läufen fiel der erste Startschuss erst 17:30 Uhr. Es war wieder deutlich kühler geworden, so dass ich das lange Shirt wieder angezogen habe. Man wird nicht überrascht sein, dass ich nicht genug Zeit hatte mich zu erwärmen. Die Zeit von 68,67 s war meine drittschlechteste Zeit, aber immerhin besser als im Vorjahr. Es deutet sich an, dass dieser Läuferzehnkampf der schwerste überhaupt wird. Selbst 2004, als ich den Läuferzehnkampf selbst organisiert habe, war nicht so anstrengend.
Am Abend 20:00 Uhr war ein Kulturprogramm vorbereitet, bei dem ich neben dem Vize-Senat eine kleine Rede halten sollte. Etwa 19:40 Uhr war ich mit der Auswertung des ersten Tages und der Vorbereitung des zweiten Tages fertig. Ich habe spontan auf das Duschen und das pünktliche Erscheinen bei der Veranstaltung verzichtet, weil ein ordentliches Abendbrot wichtiger als alles andere war, schließlich war meine letzte Nahrungsaufnahme beim Frühstück. Meine Rede habe ich dann ungeduscht im Trainingsanzug gehalten, meine Entschuldigung - die Ergebnisse des Tages - wurde mit Beifall akzeptiert. Viel Beifall gab es natürlich auch für das ausgezeichnete Programm: Gesang, Klavier, Break dance und zum Schluss eine eindrucksvolle Michael-Jackson-Darbietung. Alle Achtung!
Der zweite Tag war etwas entspannter, weil der Zeitplan nicht so eng war. Dafür hat das Wetter alles daran getan, jeglichen Spass zu verderben: 7 Grad, Regen und Seitenwind. Bei den 100 m muss mir bei der Bahneinteilung ein Fehler unterlaufen sein: mein Nebenmann erreichte meine bessere Prognose und ich dafür seine schlechtere. 14,96 s ist nicht so überragend, aber immerhin wieder besser als letztes Jahr, als es wegen Wolkenbruch zu einer langen Unterbrechung kam.
Gegen Mittag, als die 3.000 m auf dem Plan standen, ist der Regen noch stärker geworden. Das Thermometer hatte sich auf 10 Grad hoch gequält. Eigentlich war es mein Wetter, aber ich hatte wahrscheinlich (noch) kein Vertrauen in meine Vorbereitung (viel Radfahren und Intervall-Training bis max. 1000 m). Mit 12:41,91 hatte ich meine siebentbeste Zeit (optimistisch) oder sechstschlechteste (pessimistisch) Zeit. Eine Zeit unter 12:30 wäre sicher drin gewesen.
800 m, welch Überraschung: Es regnet nicht mehr! Meine Prognose, die aus 400 m und 1.500 m vom Vortag errechnet wird, lag drei Sekunden über meiner Bestzeit. So habe ich mich aber nicht gefühlt. Trotzdem lief es ganz gut. Mit 2:49,75 habe ich die Prognose nur um 3 Sekunden verfehlt und hatte seit fünf Jahren wieder einmal eine Zeit unter 2:50!
Zur Erholung gab es am Abend eine kleine Stadtführung mit Besuch der Klosterkirche und des Steine-Museums, der Schatzkammer des Riesengebirges. Es ist schon interessant, welche farbenfrohe Gebilde aus der Erde geholt werden können.
Am dritten Tag wehte ein kräftiger eisiger Wind durchs Stadion, die Temperatur lag wieder bei 7 Grad. Der Wind kam so, dass bei den 200 m in der Kurve Gegenwind und auf der Geraden Seitenwind herrschte, der - wenn man Glück hatte - leicht von hinten kam. Für mich war Rückenwind (auch wenn der Windmesser -0,7 angezeigt hat). Als ich aus der Kurve kam, konnte ich - mit der Vorstellung von Rückenwind - noch einmal den Turbo zünden. Das muss wohl recht eindrucksvoll gewesen sein, denn man fragte mich danach, ob ich in den falschen Lauf geraden sei. 29,96 s - unter 30 Sekunden hatte ich bis dahin erst dreimal beim Läuferzehnkampf geschafft.
Bei den 5.000 m konnte nichts schief gehen: Es war kalt, die Sonne, die kurz durchlugte, hatte sich wieder verzogen. In den letzten fünf Jahren habe ich mich immer bei Hitze quälen müssen, was Zeiten um 23 Minuten zur Folge hatte. Diesmal habe ich das Wetter genossen und war nach 21:48,71 min im Ziel (= fünftbeste Zeit für mich).
Die Begeisterung von den 5.000 m konnte leider nicht mit auf die 1.000 m nehmen. Das viele Sitzen am Computer zwischen den Läufen hatte Spuren hinterlassen. Mittelstrecken mag ich sowieso nicht so sehr, ich war nicht richtig erwärmt (hatte ich so etwas nicht schon geschrieben?) und meine Prognose schickte mich auf den vorletzten Platz in meinem Lauf. Entsprechend ging ich das Rennen von hinten an. Aber meinen vorletzten Platz wollte ich schon haben. Ich hatte den planmäßig letzten auch schnell überholt, was dieser aber gar nicht nett fand und wieder vorbei zog. Gemeinsam konnten wir auch die kleine Lücke vor uns wieder schließen. So gab es während des gesamten Laufes Positionsgerangel. Am Ende sprintete ich mit mindestens zwei anderen fast zeitgleich über die Ziellinie. Solchen Spaß hatte ich wahrscheinlich noch nie vorher bei einer Mittelstrecke. Die Zeit von 3:41,28 war meine drittbeste Zeit überhaupt. Damit hatte ich mir mein Abendbrot und mein Bier bei der Athletenparty reichlich verdient.
Am Sonntag starteten traditionell die Frauen zuerst über die 10.000 m. Es herrschten unglaubliche 9 Grad und ein straffer Seitenwind blies über das Stadion. Bisher hatte ich standhaft geweigert im Stadion das Mikrofon zu übernehmen, aber bei diesem Lauf habe ich es doch gewagt und ein bisschen über die bisherigen Leistungen der Frauen geplaudert und einige Dinge aus der Geschichte des Läuferzehnkampfes erzählt. Hinterher ist mir noch einiges eingefallen, was oder wen ich noch erwähnen wollte, aber das hatte ich in meiner Aufregung vergessen. Es war trotzdem eine interessante neue Erfahrung für mich.
Wenn die 10.000 m zu Ende gehen, ist es immer wieder erstaunlich wie entspannt und föhlich die Läuferinnen und Läufer wirken. Ist auch auch kein Wunder, wenn man mit Laola-Welle im Ziel empfangen wird. Da in Nová Paka die Tribüne nicht neben der Zielgeraden ist, gab es in diesem Jahr sogar auf beiden Seiten Laolas. Ein geniales Gefühl nach den Strapazen von solche einer fröhlichen Menschenschar empfangen zu werden. Die 10.000 m waren für mich recht schwer, aber mit 46:19,84 habe ich wiedereinmal eine sechstbeste Zeit geschafft, wobei einige der besseren Zeiten nur wenige Sekunden entfernt waren. Meine beste L10K-Zeit über 10.000 m von 45:00,19 hatte ich 2004 in Bautzen bei 4 Grad und Regen geschafft.
Der Läuferzehnkampf in Nová Paka war reich an liebevollen Details. Zur Eröffnung marschierten die Läufer hinter ihrer Fahne ein. Die schnellste Frau und der schnellste Mann jeder Strecke bekamen eine Schachtel Pralinen. Die beiden führenden in der Gesamtwertung bekamen eine gelbe "Leader"-Nummer. Zur Siegerehrung wurde immer die Fahne des Altersklassensieger hinter das Siegerpodest gestellt, die Gesamtsieger bekamen ein gelbes Trikot und die Nationalhymne. Ein beflügeltes Wort der Veranstaltung wurde der "griene Teppich", auf dem sich die Läufer des nächsten Laufes versammeln sollten. Dieser grüne Teppich wurde zum Schutz der Spikes im Aufrufbereich ausgelegt.
Alles in allem war es eine sehr schöne Veranstaltung. Mit meinen Leistungen war ich in der Summe auch zufrieden sechstbester Läuferzehnkampf (also nur fünf, die besser waren, und sieben, bei denen es schlechter lief). Auch meine Auswertung hat funktioniert, ich habe zwar noch ein paar Fehler gefunden, aber die hatten (fast) keine Auswirkung. Der einzige spürbare Fehler war, dass die Starter auf den Kampfrichterlisten der langen Läufe in der falschen Reihenfolge standen, so dass die schnellsten Läufer ganz außen bzw. sogar in der zweiten Reihe stehen mussten. Das werde ich bis zum nächsten Jahr korrigieren! Man kann also sagen, dass mein 13. Läuferzehnkampf doch ein Glücksfall war.
Wo der 28. Internationale Läuferzehnkampf vom 02. bis 05. Juni 2011 statt finden wird, kann ich hoffentlich bald auf http://www.laeuferzehnkampf.de bekannt gegeben. Dort gibt es auch die Ergebnisse, Fotos und Berichte von diesem Jahr.
Bis spätestens Juni 2011!
Uwe Warmuth
www.rot-weiss90.de: http://www.rot-weiss90.de/Leichtathletik--87.html, 29.5.2010